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Roman Märzinger - westend61.de

Trotz Komplexitätsreduktion bleibt die Material- und Informationsvielfalt bei den Verpackungen auf den Brücken erhalten – auch ohne den heutigen Überfluss an heterogenen Kunststoffmaterialien

Auch wenn der Fokus auf Verpackungen aus bruchfesterem Glas, emailliertem dünnen Edelstahl und biobasiertem PE liegt – so lange sie den Gesamtentsorgungsprozess nicht beeinträchtigen, werden innovative Verpackungsvarianten ebenfalls in das Brückensystem aufgenommen. Materialien sollten aus Agrar-Reststoffen sein oder sich mikroplastikfrei, mit wenig Aufwand kompostieren bzw. anderweitig verwerten lassen.

Inhalt: Auch mit einem normierten komplexitätsreduzierten Verpackungssortiment für unterschiedliche Hersteller lässt sich Marketingvielfalt sicherstellen

Erscheinungsbild und Design können ebenso wie Informationsvielfalt auf die normierten Verpackungen aufgetragen werden – sei es mit Folien, Papier-Etiketten oder umweltfreundlichen, leicht zu entfernenden Lacken.

Für detaillierte Informationen rund um ein Produkt können Codes auf den Verpackungen angebracht werden, die der Verbraucher scannen kann.

Die bunte Vielfalt, an die das Auge im Supermarkt derzeit gewöhnt ist, wird zwar etwas eingeschränkt: Aber die Nutzung zahlreicher innovativer biobasierter Verpackungen, die aus Resten der Agrarwirtschaft hergestellt werden können und mikroplastikfrei abbaubar sind, tragen zumindest ein wenig zur optischen Vielfalt in Farben und Design bei.

Vielfalt ist möglich – trotz Komplexitätsreduktion bei Verpackungsmaterialien und die Rückbesinnung auf standardisierte Verpackungsbehälter

Die Verpackungswelt auf den Frankfurter Brücken hat einen klaren Fokus auf Mehrwegverpackungen aus Glas und Edelstahl. Als einziger Kunststoff ist Polyethylen vorgesehen – zwar in verschiedensten Ausführungen wie  Hartschalenform, weicheren Verpackungen oder Folienform, aber dennoch im Kern stets weitestgehend reines Polyethylen.

Durch die Materialreduktion beim Mehrwegsystem lassen sich Entsorgungs- und Reinigungsprozesse effizient gestalten: und durch die Konzentration auf nur einen Kunststoff lässt sich ein darauf abgestimmter Verbrennungsprozess anwenden.

Die Brücken stellen eine Metaebene dar, auf der die Komplexität der heutigen Verpackungswelt mit ihren tausenden von Materialien erstmalig reduziert werden kann auf die Verpackungen, die von Produktion, über Transport und Nutzung, bis hin zur Entsorgung in die innovativen Einkaufs- aber auch vor allem Abfallprozesse passen. Hat man erstmal diesen Nukleus und seine Prozesse geschaffen, kann und sollte man weitere Verpackungsmaterialien hinzufügen. Auch Nachhaltigkeit kann durch Portfoliosysteme besser erzielt werden, als durch eingleisige Konzentration auf nur drei Verpackungsmaterialien.

Dabei muss die Vielfalt der Produkt-Ausgestaltung in puncto Marketing, Design oder Produktinformation keineswegs verloren gehen.

Die Normbrunnenflasche hat bewiesen, dass mit dem gleichen Gefäß eine Vielfalt an Marketing, Informationen und Qualitätsanmutung vermittelt werden kann

Genossenschaft Deutscher Brunnen
Stiftung Altes Neuland Frankfurt GNU

Bei den Mehrwegverpackungen auf den Brücken, die viele Hersteller unterschiedlichster Produkte gemeinsam verwenden sollen, ist flexibles Marketing und Branding ebenfalls problemlos möglich

Der Einsatz unterschiedlichster Kunststoffe, die zwar alle aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, aber damit eben nicht mehrwegfähig sind, bietet Firmen bereits vielfältige Möglichkeiten, die Verpackung für ihre Produkte individuell zu gestalten.  Auch für die Mehrwegverpackungen aus stabilem, leichten Glas sowie emailliertem, dünnen Edelstahl ist individuelles Markenbranding möglich: Zum einen gibt es das klassische aufklebbare Papieretikette. Beim Säubern der Mehrwegbehälter wird das Etikett abgelöst und das Glas oder die Dose kann mit einem neuen beklebt werden. So können die Mehrwegbehälter unternehmensübergreifend und je nach Bedarf genutzt werden.

Auf den Norm-Verpackungen der Brücken-Supermärkte kann die notwendige Informationsvielfalt durch entsprechende aufgetragene Codes zur Verfügung gestellt werden

Zusätzlich zum firmeneigenen Branding, werden alle Verpackungen mit einem QR-Code versehen. Der Code wird bei den Edelstahlverpackungen eingestanzt, bei den Glasverpackungen eingelasert und bleibt über den Lebenszyklus des Mehrwegbehälters erhalten. Bei jeder Befüllung des Behälters werden neue Informationen bei dem Code hinterlegt.

Über den Code können die Kundinnen und Kunden weitere Informationen zum Produkt, wie Inhaltsstoffe, Allergene, Kalorienangaben oder Haltbarkeit abrufen. Dazu können sie entweder ihr Handy oder die überall im Supermarkt aufgestellten Scanner nutzen. So können die Unternehmen den Kundinnen und Kunden auch Informationen vermitteln, die normalerweise auf einer Verpackung keinen Platz fänden.

Alle Angaben, die direkt sichtbar auf das Produkt aufgebracht sein müssen, können entweder aufgedruckt werden oder über klassische Papieretikette, Folien u.ä. angebracht werden.

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Mehrwegbehälter sind individuell gestaltbar durch Folien, Papier-Etikette oder auch Schellack – also Schichten, die problemlos wieder vom mehrwegfähigen Grundmaterial der Verpackung abgelöst werden können

Verpackungen können auch glasiert werden. Es gibt mittlerweile Glasuren, die biologisch komplett abbaubar sind und auf pflanzlichen Abfällen der Industrie basieren. Auch Folienverpackungen können aus einem sich gleich verhaltenden Material hergestellt werden.

Als dritte Möglichkeit kann auch Schellack genutzt werden, allerdings nur bei nicht-veganen Produkten, da dieser Lack aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus gewonnen wird. Schellack haftet sowohl auf Glas als auch auf Edelstahl.

traceless.eu

Eine weitere Möglichkeit, die Verpackungspalette „bunter“ zu gestalten sind alle innovativen Verpackungsmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen, von denen immer mehr auf den Markt kommen. Wichtig ist hierbei lediglich, dass sie mikroplastikfrei in die Biomülltonne entsorgt werden können.

In den Brückensupermärkten gibt es auch eine große Vielfalt an innovativen Verpackungsmaterialien aus regional nachwachsenden Rohstoffen bzw. regional anfallenden Pflanzenabfällen - dadurch ist eine weitere Bandbreite an Erscheinungsformen in der Verpackungsoptik gegeben

Der Fokus bei den Frankfurter Brücken liegt auf Ressourcen, die in Europa in ausreichendem Maße vorhanden sind, insbesondere pflanzlichen Reststoffen aus der Agrarindustrie. An der Brunel University London forschte der Student Denny Handley an Verpackungen aus Orangenresten: Im getrockneten Zustand soll das Material ebenso robust und flexibel sein wie Kunststoff.

Kunststoffe, die auf Reststoffen der Agrarindustrie basieren, können mittlerweile genau wie herkömmliche fossilbasierte Kunststoffe weiterverarbeitet werden, so auch mit Spritzgusstechnik.

Traditionelle Verpackungsmaterialien sind nachhaltige Alternativen – und innovativ genutzt bereichern sie die Vielfalt der Verpackungspalette

Zurzeit werden überall auf der Welt neue Verpackungskonzepte entwickelt, die zum Teil auf traditionelle Verpackungsmethoden zurückgreifen, wie z.B. das Verpacken von Gemüse in Bananenblättern in Thailand oder Palmenblättern in Indien.

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Holzfaser-Polymer-Verbundwerkstoffe sind neben klassischem biobasiertem PE eine weitere Kunststoff-Alternative, denn sie sind kompostierbar und hinterlassen dabei kein Mikroplastik

BioSamPak

Auf den Frankfurter Brücken gibt es nicht nur Folienverpackung aus Polyethylen: Auch aus Holzresten können Kunststoffe, sogenannte Holzfaserpolymere, hergestellt werden. Da diese Holzfaserpolymere sich komplett biobasiert herstellen lassen, zerfallen sie dementsprechend auch rückstandsfrei – ohne, dass Mikroplastik entsteht. Um Wurst oder Käse zu verpacken, werden solche Folien aus Holzfaserpolymeren bereits eingesetzt.

BioSamPak

Holzfaserpolymere könnten weite Bereiche der Verpackungswelt abdecken – wie bei allen biobasierten Verpackungsstoffen ist allerdings auch hier wichtig, dass die Polymere aus Reststoffen hergestellt werden

Auch Nüsse, Müsli oder Reis lassen sich in Holzpolymer verpacken. Allerdings ist Kunststoff aus Holz nur nachhaltig, solange er aus Resten anderer Verarbeitungsprozesse entsteht, anstatt dass Bäume speziell dafür angebaut werden bzw. Naturfläche in Agrarfläche umgewandelt wird. Mittelfristig dürfte es jedoch noch ausreichend Holzabfälle geben, um auch Holzfaserpolymere als weltweite Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

 

https://www.gruenkunft.de

Folienverpackungen aus Zucker und Milchsäure sind als weitere Alternativen ebenfalls bereits auf dem Markt

Die Verpackung sieht aus wie aus Plastik und fühlt sich so an, besteht jedoch zu 100% aus Zucker und Milchsäure.

Aber auch hier ist nur so lange Nachhaltigkeit gewährleistet, wie die Rohstoffe nicht eigens angebaut werden, sondern aus Resteverwertung stammen.

Eines haben die vielfältigen Verpackungen aus Pflanzenresten gemeinsam: Einmal genutzt, können all diese Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen entweder mikroplastikfrei kompostiert oder aber CO2-neutral verbrannt werden.

Es braucht keine extra Entsorgungsprozesse, sondern sie finden ihren Platz in der Bio-Mülltonne. Deshalb sind sie kein Störfaktor bei der Komplexitätsreduktion auf den Frankfurter Brücken, sondern eine Möglichkeit, Vielfalt, Abwechslung und Marketing-Differenzierung in die Produktpaletten auf den Brücken zu bringen.

bio4pack.de , ekoplaza.be

Eine weitere nachhaltige Kunststoff-Alternative: Polyhydroxybuttersäure (PHB): ein Kunststoff, der CO2 bei der Herstellung absorbiert - und zudem vollständig biologisch abbaubar ist

Eine Plastik-Alternative, wenn auch nicht unbedingt für den Lebensmittelbereich, kann Polyhydroxybuttersäure (PHB) sein. PHB ist ein Kunststoff, der aus nachwachsenden Rohstoffen, Methan oder auch Abfallfetten hergestellt werden kann.

Das Besondere an PHB ist, dass bei seiner Herstellung der Umwandlung der nachwachsenden Rohstoffe in einen Kunststoff durch Bakterien erfolgen kann: Cyanobakterien, die ähnlich wie Algen Chlorophyll und daher per Fotosynthese mithilfe von Sonnenenergie CO2 in Zucker umwandeln können. Obwohl es Bakterien sind, werden sie auch häufig als Blaualgen bezeichnet.

PHB ist damit ein besonderer Stoff: Bei seiner Gewinnung/Förderung, wird  - anders als bei Erdöl-basierten Kunststoffen - kein CO2 freigesetzt, sondern es wird ganz im Gegenteil CO2 gebunden.

PHB ist ähnlich wie Polypropylen eher als Hartplastik-Ersatz geeignet, z.B. für Mülltonnen, Mülleimer und Ähnliches. Es könnte allerdings auch für einige Drogerie-Produkte, die in Schachteln oder Hartplastikformen verpackt werden, genutzt werden.

Da die Frankfurter Brücken ein Schaufenster der Innovationen werden, müssen auch solche Stoffe im Rahmen der Vorplanung auf ihre Einsetzbarkeit hin für die Produkt- und Verpackungswelt auf den Brücken geprüft werden.

Fazit: Trotz Komplexitätsreduktion bei der Anzahl von Verpackungsmaterialien bleibt Marketing- und Informationsvielfalt erhalten

Während es heute tausende von Verpackungsmaterialien gibt, wird auf den Frankfurter Brücken eine Verpackungswelt geschaffen, die mit Glas- und Metallverpackungen im Mehrwegsystem arbeitet und sortenreinem Polyethylen, dessen Entsorgung CO2-arm gestaltet werden kann.

Darüber hinaus werden innovative Forschungsergebnisse im Rahmen der Vorplanung integriert, sei es PHB-Forschung des Fraunhofer-Institutes IPK Berlin, sei es Forschungsrichtungen der Universität Konstanz zu hocheffektivem Recycling von Polyethylen, etc.

Außerdem wird die Verpackungswelt auf den Brücken durch Materialien bereichert, die zu 100% aus Resten nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden und mikroplastik-frei kompostiert bzw. CO2-neutral thermisch genutzt werden können.